Die Freude auf die anstehende Königsetappe an diesem Tag hielt sich in Grenzen, denn die ganze Nacht war Gießbert unterwegs. Eine Herausforderung der besonderen Art stellte bei dieser Tour alles bisher erlebte in den Schatten. Pünktlich um 8:30 Uhr saßen alle im Sattel und der Regen machte sich vom Acker. Wie sollte es auch anders sein, der Anstieg zum Monte Fertazza gab schon einmal einen kleinen Einblick auf das was noch folgen sollte.
Der letzte Teilabschnitt bis zum Pass war nicht fahrbar und so musste geschoben werden. Glücklich und erleichtert erreichten wir den Pass und die Freude über den anschließenden Abfahrtstrail ließ den Adrenalinspiegel in die Höhe schnellen. Wenn man sich das Höhenprofil sowie die Distanz auf der Karte anschaut, dann werden auf einer länge von 5 Km ca. 1000 Hm platt gemacht. Praktisch wie im freien Fall.
Da es die ganze Nacht geregnet hatte, verwandelte sich der Untergrund in eine rutschige Pampe und man fühlte sich im Trail wie im Eiskanal. Innerhalb kürzester Zeit legte sich um das Profil eine Schlammschicht und der Grip der uns eigentlich helfen sollte diese Abfahrt heil und unbeschadet zu überstehen, machte dicht. Die Hinterradbremse am Anschlag und das Vorderrad im freien Lauf, um einigermaßen die Richtung zu halten, erreichten wir Santa Maria. ( 929 m ü. NN )
Bis zum Passo Padon ( 2367 m ü. NN ) musste eine Höhendifferenz von schlappe 1388 Meter überwunden werden. Den Verstand auf Stanby gestellt, den richtigen Schaltgang eingelegt und ab ging die Post. Leider war auch in diesem langen Anstieg nicht alles fahrbar und so gab es einige Schiebe und Tragepassagen im oberen Teilabschnitt.
Am Passo Padon angekommen blieb uns der Atem stehen. Die Marmolada - der Berg schlechthin zwischen Eisack und Piave, der höchste ( 3343 m ü NN ) und der einzige mit einem richtigen Gletscher, immerhin fast fünf Quadratkilometer groß, da hätte der englische Garten von München bequem Platz. Ein Berg mit unverwechselbarem Profil, sanft abdachend nach Norden, eine senkrechte Mauer im Süden. Der Berg mit der längsten und höchsten Seilbahn - und dem ältesten Klettersteig der Dolomiten, Jahrgang 1903.
Unser Vorhaben an diesem Tag den Bindelweg zu fahren erschien uns allen zu Gefährlich. Der Untergrund vom Bindelweg war durch den Regen aufgeweicht, glatt und ein Sturz in die Tiefe war nicht eingeplant. Mit einigen tollen Bildern im Gepäck und einem langen Ritt auf dem Sattel nahmen wir die Abfahrt nach Arabba, wo diese Tagestour ihren Abschluss fand.
Fortsetzung folgt.
Bis bald im Wald
Uwe und Sebastian